Obwohl, oder gerade weil das Burn-out-Syndrom bis heute nicht als eigenständige Krankheit anerkannt ist, versuchen Forscher anhand empirischer Studien mit Betroffenen des Burn-out-Syndroms das Krankheitsbild einzugrenzen. Die Forschung geht davon aus, dass das Burn-out-Syndrom sukzessive entsteht. Vereinzelt auftretende seelische Symptome steigern sich nach und nach, und wirken sich im Verlauf der Erkrankung auch körperlich aus.
Je nach Autor sind heute verschiedene Modelle zu den unterschiedlichen Phasen des Burn-out-Syndroms publiziert. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Stufen bewegt sich zwischen drei (zum Beispiel nach Maslach) und zwölf (zum Beispiel Freudenberger und North).
Herbert J. Freudenberger war im Jahr 1974 der Erste, der das Burn-out-Syndrom auf Grundlage seiner eigenen Erfahrungen definierte. Im Jahr 1992 veröffentlichte er zusammen mit seiner Kollegin Gail North ein 12-Stufen-Modell des Burn-out-Syndroms, was die Entstehung und den Verlauf der Erkrankung veranschaulichen sollte. Viele andere Modelle der Abgrenzung von Phasen des Burn-out-Syndroms beziehen sich auf dieses Stufen-Modell. Es kann als Richtlinie, aber nicht als zwingende Reihenfolge der Entstehung des Krankheitsbildes angesehen werden.
Der Eintritt in Phase 1 verläuft schleichend und fast immer unbemerkt. Der Einzelne geht übermäßig in seiner Arbeit auf, ist hoch motiviert und begeistert von seinen Aufgaben. Diese Phase ist geprägt von Enthusiasmus und dem Drang nach Perfektion. Es zeigen sich erste Tendenzen, die eigenen Bedürfnisse und vor allem Erholungszeiten, hinten an zu stellen.
Folgt überlappend aus Verhaltensweisen der ersten Phase und steigert sich in ein Gefühl der Unentbehrlichkeit. Aufgaben werden nur noch selbst abgearbeitet und keinesfalls an andere abgegeben, auch wenn dies hohen zeitlichen Aufwand bedeutet.
Die Arbeit wird zum Lebensmittelpunkt, der über allem anderen steht. Die Notwendigkeit, alles selbst und rasch abzuarbeiten, verstärkt sich zu einem Zwang. Eigene Bedürfnisse wie das Pflegen sozialer Kontakte, eigene Erholungsphasen und einfachste alltägliche Pflichten werden vernachlässigt. Häufig beginnt in dieser Phase ein Mehrkonsum von Zigaretten oder Kaffee, die Ernährung wird ungesünder. Es kommt zu ersten Schlafstörungen und Albträumen.
Steigerung aus Phase 3, eigene Bedürfnisse werden ignoriert. Probleme mit Kollegen und Menschen aus dem sozialen Umfeld werden umgangen und als weniger wichtig abgetan. Durch weiterhin selbst auferlegten Druck kommt es zu ersten Fehlern im beruflichen Tätigkeitsbereich, zum Beispiel werden Termine unpünktlich oder gar nicht wahrgenommen. Körperlich zeigen sich erste Symptome wie Energiemangel und Schwächegefühle.
Eigene Werte verändern sich, was sich nun häufig auf das soziale Umfeld auswirkt. Personen aus dem Familien- und Freundeskreis werden als belastend empfunden. Zeit für sie zu investieren erscheint als unverhältnismäßige Last. Der Betroffene stumpft auch für seine Außenwelt merkbar zunehmend ab, neigt zu Überreaktionen und Aggressivität.
Obwohl sich die Schwierigkeiten inzwischen sowohl auf das private als auch berufliche Umfeld auswirken, reagiert der Betroffene zynisch und hart. Hilfestellungen werden nicht angenommen. Ungeduld, Intoleranz und Aggressivität prägen das tägliche Auftreten. Körperliche Beschwerden verstärken sich. Der Betroffene geht inzwischen ungern zur Arbeit, jede Aufgabe und Kontakte mit anderen Personen widerstreben ihm. Fehlzeiten, ungenaues Arbeiten und emotionale Kälte prägen das Verhalten. In dieser Phase spricht man auch von „innerer Kündigung“.
Im Berufsleben erfolgt nur noch „Dienst nach Vorschrift“. Betroffene fühlen sich ungerecht behandelt und nicht wertgeschätzt. Sowohl im familiären als auch beruflichen Umfeld häufen sich die Probleme und Konflikte. Gefühle der Überforderung, Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit werden mit Ersatzbefriedigungen kompensiert. In dieser Phase entstehen häufig Süchte, wie zum Beispiel Drogensucht, Esssucht und/oder Ess-Brechsucht, Spielsucht oder Alkoholsucht.
Deutlicher Rückzug von Menschen des täglichen Umfelds. Aggression bei besorgter Zuwendung mit ersten Tendenzen zu paranoidem Verhalten – jeder wird mit Skepsis und Misstrauen behandelt. Ein Gefühl der Überforderung bei alltäglichen Aufgaben stellt sich ein. Ausreden, Selbstmitleid, Gleichgültigkeit und Lethargie bestimmen den Alltag.
Betroffene schildern diese Phase als ein Gefühl der Abgestorbenheit und Taubheit. Sie können sich nicht mehr fühlen und funktionieren lediglich. Psychosomatische Beschwerden, also durch die psychische Belastung ausgelöste körperliche Beschwerden zeigen sich in dieser Phase immer häufiger.
Diese Phase ist geprägt von Schwermütigkeit, Einsamkeit und häufig auch Suchtverhalten zur Kompensation. Teilweise treten Panikattacken, Phobien und Angstzustände auf. Das Gefühl der inneren Leere und Nutzlosigkeit überdeckt alle anderen Emotionen.
Die elfte Phase zeigt sich in Symptomen, die einer Depression gleich kommen. Die Einstellung zu sich selbst, zum Leben und zum eigenen Umfeld ist durchgehend negativ geprägt, alles erscheint sinn- und hoffnungslos. Die körperlichen Symptome verstärken sich, sodass ein Bedürfnis nach dauerndem Schlaf alltäglich wird. Erschöpfung, Verzweiflung und suizidale Gedanken bestimmen den Tagesablauf.
Die zwölfte Phase wird als medizinischer Notfall angesehen. Der Betroffene erleidet einen Zusammenbruch auf körperlicher, psychischer und auch emotionaler Ebene, ohne Hilfe ist ein Suizidversuch in dieser Phase nicht ausgeschlossen.
Sabrina Mandel